Einstellen ohne Auswahlverfahren ist der direkte Weg in den Abgrund

Bewerbungsprozess 01.01.1970

Was er unter dem ABC des Recruitingprozesses versteht, darüber gibt Prof. Dr. Jörg Knoblauch heute ausführlich Auskunft. Darüber hinaus lässt er uns wissen, welche Praktiken in Silicon Valley längst zum Alltag gehören, in Deutschland aber noch auf sich warten lassen. Der 71-jährige Unternehmer und Berater gilt in Deutschland als Vordenker, wenn es darum geht, Top-Performer zu finden und langfristig an das Unternehmen zu binden.

Fragt man Jörg Knoblauch nach den Erfolgsfaktoren eines Unternehmens, dann fällt zuerst der Begriff Geschäftsmodell. Dahinter verstecke sich die Mutter aller Antworten. Aber schon auf Platz zwei folgt das Mitarbeitermodell. Und hierbei verweist der langjährige Unternehmer und Berater gerne auf Ergebnisse, mit denen das Meinungsforschungsinstitut Gallup Frühjahr um Frühjahr bei Personalern für Aufregung sorgt. „Aktuell gibt es in jeder Firma durchschnittlich 17 Prozent A-Mitarbeiter“, fasst Jörg Knoblauch zusammen, also Top-Performer. 68 Prozent fielen unter die Kategorie B-Mitarbeiter, 15 Prozent seien C-Mitarbeiter und somit „Bremser“, wie der Unternehmer es ausdrückt. Und mit dieser Verteilung lasse sich in keinem Unternehmen langfristig Geld verdienen.

Goolge und Co. wollen den AAA-Mitarbeiter

Wie es am anderen Ende der Fahnenstange aussieht, mache mal wieder das Silicon Valley vor. Bei den Googles, Apples und AirBnBs habe man schon vor Jahren konsequent ausgesiebt, sagt Jörg Knoblauch. Dort sei man soweit, dass man selbst vom einfachen A-Mitarbeiter abrücke. Gefragt seien Mitarbeiter des Typs AA, oder, noch besser: AAA. „Einen Mitarbeiter des Typs B oder C in den eigenen Reihen zu haben, das käme einem Eingeständnis des Versagens gleich“, sagt Jörg Knoblauch. Im Gegensatz zu deutschen Unternehmen wendeten die Amerikaner das Pareto-Prinzip konsequent an. Hierzulande, so der Recruitingberater, wären die meisten Firmen schon mit einer 80/20/0-Verteilung zufrieden.

Wenn Firmen Jörg Knoblauch um Hilfe bitten, dann rät er ihnen zunächst zu Geduld. Ein Unternehmen mit einer hohen Anzahl von Low-Performern in ein Unternehmen von Top-Performern zu verwandeln, das bedürfe Zeit. „Das ist ein Prozess über drei bis fünf Jahre, der geht mit einer Kulturveränderung einher.“ Jörg Knoblauch fährt während dieses Umbruchs zweigleisig. Zum einen werden Angestellte einer Mitarbeiterbeurteilung unterzogen. Hoffnungsvollen Fällen soll die Chance zur firmeninternen Entwicklung Richtung A-Performer gegeben werden. Von weniger hoffnungsvollen Fällen werde sich getrennt. Auf der anderen Seite soll mithilfe eines strategischen Auswahlprozesses sichergestellt werden, dass „keine B´s oder C´s mehr zufällig in die Firma kommen“.

Hände weg vom Einstellen ohne Auswahlverfahren oder Empfehlung

Die Beratungsfirma des Unternehmers vertraut dabei auf ein neunstufiges Auswahlverfahren. Das sei harte Arbeit und zeitaufwendig, ja. „Aber wenn du es wie früher machst, einstündiges Vorstellungsgespräch, anschließend Hände schütteln und nach Instinkt einstellen“, sagt Jörg Knoblauch, „ist das der direkte Weg in den Abgrund“. Die Trefferquote liege hierbei zwischen 20 und 30 Prozent. Dann lieber ein neunstufiges Auswahlverfahren mit Fragebögen, klar definierten Zielvorgaben sowie telefonischen und persönlichen Interviews. „Damit bekomme ich die Trefferquote auf bis zu 80 Prozent hoch.“ Im Idealfall, so der Recruitingexperte, habe die Personalabteilung 50 bis 60 Bewerber für den Auswahlprozess zur Verfügung.

Doch das mehrstufige Auswahlverfahren sei längst nicht das Ende der Fahnenstange. „Gute Leute kennen gute Leute“, sagt Jörg Knoblauch. Bei Google seien zeitweise 42 Prozent der Mitarbeiter von anderen Mitarbeitern empfohlen worden. „Als Belohnung für einen erfolgreich vermittelten neuen Mitarbeiter gibt es dort 4000 Euro.“ An dieser Praxis erkenne man, wie wichtig erfolgreiche Unternehmen das Thema Personal nehmen. „Google-Chef Larry Page entgegnete auf die Kritik, er  verbringe 60 bis 80 Prozent seiner Zeit mit Personalfragen, damit, dass er mit diesem Personal  sein Geld verdiene“, sagt Jörg Knoblauch. Zu recht, denn „Personal ist eine ganz zentrale Geschichte.“

Zur Person: Jörg Knoblauch wurde 1949 in Giengen/Brenz geboren und absolvierte zunächst ein Ingenieurs- und BWL-Studium. 1981 promovierte er an der Universität Innsbruck. Nach ersten Berufsjahren im Handwerksbetrieb seines Vaters, gründete er 1987 die Firma tempus ABC Personal GmbH, deren geschäftsführender Gesellschafter er bis heute ist.

Reinhard Adel

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