Unternehmern werben gerne mit den eigenen Mitarbeitern. Doch was ist mit den Fotos bei deren Ausscheiden? Sabine Fuhrmann und Jonas Kahl wissen um den enormen Wert der Aufnahmen im Falle der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses.
Mitarbeiter werden zur Vorstellung auf der Firmen-Webseite abgebildet, sie finden in den Sozialen Medien statt, werden als Testimonials in Firmenvideos eingebunden und sogar in kostspieligen Werbekampagnen als Aushängeschild genutzt. Wird ihnen nun gekündigt, liefert unter anderem die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) Hebel, die weitere Veröffentlichung der Aufnahmen zu unterbinden – mit zum Teil kostenintensiven Folgen für den ehemaligen Arbeitgeber.
Meist haben aber weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer Interesse an langwierigen Gerichtsprozessen und schließen im Streit über das Arbeitsverhältnis oft Vergleiche. Ob der Arbeitnehmer darin auch Ansprüche wegen Abbildungen von sich als Wertpositionen einbringen kann, hängt maßgeblich davon ab, inwieweit er einseitig Einfluss auf die Veröffentlichung der Aufnahmen nehmen kann; sprich: ob ihm Löschungs- und zusätzlich sogar Schadensersatzansprüche zustehen.
Löschung und Schadensersatzforderungen
Widerruft der Arbeitnehmer nämlich seine Einwilligung oder widerspricht er der Datenverarbeitung erfolgreich, ist ihr die Grundlage entzogen. Der Arbeitgeber hat dann selbst tätig zu werden und die Datenverarbeitung zu unterbinden, also das Bildnis nicht weiter zu verbreiten.
Dies kann den Arbeitgeber vor erhebliche unternehmerische Risiken stellen, weil er unter Umständen gehalten sein kann, Broschüren neu zu drucken, Kampagnen zu retuschieren oder Fotos offline zu nehmen. Was hier als ausreichend erachtet werden kann, entscheiden einerseits Gerichte. Andererseits beschäftigt es auch die jeweils zuständigen Landesdatenschutzbeauftragten, sodass es zu unterschiedlichsten Auslegungen kommen kann. Der LfDI Baden-Württemberg beispielsweise ließ es auf einem gemeinsamen Belegschaftsfoto im Internet ausreichen, dass der Widerrufende unkenntlich gemacht wurde. Auch bei Dritten, die die Aufnahmen verarbeiten, hat der Arbeitgeber auf die Löschung hinzuwirken, Art. 17 Abs. 2 DSGVO.
Über diese Unterlassung der Nutzung hinaus kann die unrechtmäßige Datenverarbeitung auch Schadensersatzforderungen gegenüber dem Arbeitgeber nach Art. 81 DSGVO auslösen. Für ein Mitarbeiterfoto auf der firmeneigenen Facebookseite wurden vom Arbeitsgericht Lübeck (ArbG) zuletzt bereits bis zu EUR 1.000 veranschlagt (Beschl. v. 20.06.2019, Az. 1 Ca 538/19).
Ob diese Ansprüche dem Arbeitnehmer zustehen und mit welcher Schlagkraft sie in Vergleichsverhandlungen zur Geltung kommen können, hängt maßgeblich davon ab, wie detailliert die Parteien zuvor die Bildnisverwendung geregelt haben. Dafür gibt es diverse Möglichkeiten – nur keine Vereinbarung zu schließen ist die denkbar schlechteste Option.
Einwilligung nötig – aber die richtige
Eine in der Praxis oft verwendete Möglichkeit ist es, eine ausdrückliche Einwilligung des Arbeitnehmers nach Art. 6 Abs. 1 lit. a) DSGVO einzuholen. Denn soweit der Arbeitgeber Aufnahmen von Mitarbeitern zu Werbezwecken benutzt, nimmt er immer auch eine Datenverarbeitung vor. Allerdings ist nicht abschließend geklärt, ob sich die Veröffentlichung von Personenbildnissen nach der DSGVO oder allein nach dem Kunsturhebergesetz (KUG) oder gar nach beiden Rechtsgrundlagen richtet.
Den sichersten Weg geht der Arbeitgeber daher, wenn er sowohl eine persönlichkeitsrechtliche als auch eine datenschutzrechtliche Einwilligungserklärung einholt und obendrein auch die datenschutzrechtlichen Hinweispflichten aus Art. 12 ff. DSGVO gegenüber den Arbeitnehmern erfüllt.
Ein entscheidender Aspekt für beide Parteien ist, ob sich die Aufnahmen im Rahmen des beabsichtigten Zwecks der Datenverarbeitung bewegen. Dieser Zweck muss grundsätzlich in der Einwilligung festgelegt werden. Geht der Arbeitgeber in der Nutzung des Bildes über diesen Zweck hinaus, wäre das nicht mehr von der erteilten Einwilligungserklärung gedeckt.
Dass es für eine solche Einwilligungserklärung im Arbeitsverhältnis der Schriftform bedarf, war übrigens nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) schon vor Inkrafttreten der DSGVO klar (Urt. v. 11.12.2014 Az. 8 AZR 1010/13). Allein so könne verdeutlicht werden, dass die Arbeitnehmer der Veröffentlichung ihrer Bildnisse unabhängig von ihren Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis zustimmen und eine mögliche Verweigerung der Einwilligung für das Arbeitsverhältnis keine Folgen habe. Mittlerweile hat dieses Schriftformerfordernis im Beschäftigungsverhältnis sogar seinen Weg in § 26 Abs. 2 S. 3 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) gefunden.
Widerrufsrecht ist (k)eine Lösung
Eine einmal erteilte Einwilligung erlischt nicht zwingend unmittelbar mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer kann sie jedoch widerrufen. Dafür setzt die DSGVO grundsätzlich weder eine Form noch eine Begründung voraus.
Nach den früher ausschließlich geltenden Maßstäben des KUG in Abwägung mit dem Recht am eigenen Bild aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Grundgesetz musste aber für einen Widerruf ein „wichtiger Grund“ vorliegen. Verschiedene Landesdatenschutzbeauftrage und Autoren in der Fachliteratur sprechen sich auch weiterhin unter der DSGVO für diese Anforderungen aus. Ob und wie der Widerruf begründet werden muss, bleibt daher derzeit umstritten.
Widerspruch gegen berechtigte Interessen
Beruft sich der Arbeitgeber nach erfolgtem Widerruf auf seine berechtigten Interessen, um die Datenverarbeitung aufrechterhalten zu können, bleibt es dem Arbeitnehmer unberührt, der Datenverarbeitung zu widersprechen, Art. 21 Abs. 1 DSGVO. Inwieweit der Arbeitgeber jedoch einfach auf Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO zurückgreifen kann, ist ebenfalls noch nicht abschließend geklärt.
Zwar ist ihm der wirtschaftliche Aufwand bei der Herstellung der Werbung angefallen. Der Arbeitnehmer wäre jedoch bei Erteilung der Einwilligung in dem Glauben gewesen, diese jederzeit widerrufen zu können und hätte erst deswegen die rechtmäßige Datenverarbeitung ermöglicht. Könnte sich der Arbeitgeber nun trotz des Widerrufs auf seine berechtigten Interessen berufen, hätte die Einwilligung eine weitergehende Verarbeitungsmöglichkeit geschaffen, als vom Arbeitnehmer ursprünglich gewollt.
Model-Release-Vereinbarung mit dem eigenen Mitarbeiter?
Neben einer bloßen Einwilligung kommt als weitere Möglichkeit der Abschluss eines vom eigentlichen Arbeitsvertrag separaten Vertrages mit dem Mitarbeiter in Betracht. Darin kann die Aufnahme und die werbliche Verwendung der Fotos festgelegt und für die Verwendung des Bildnisses eine Gegenleistung für die abgebildete Person vorgesehen werden.
Die Verwendung des Bildes wäre in diesem Fall zur Erfüllung einer Hauptleistungspflicht aus dem Vertrag erforderlich, Art. 6 Abs. 1 lit. b) DSGVO. Ein Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers aus der DSGVO würde ausscheiden. Auf Basis solcher Model-Release-Vereinbarungen werden beispielsweise Schauspieler oder Models tätig.
Durch eine solche Gestaltung können beide Parteien zeigen, dass sie sich über das Arbeitsverhältnis hinaus einigen wollen und gesonderte Laufzeiten der Fotoverwendung oder gar eigene Kündigungsmodalitäten festlegen. In der Praxis trifft man diese Variante allerdings eher selten an.
Berechtigte Interessen reichen nicht
Neben einer Einwilligung und einem Vertrag eröffnet die DSGVO mit Art. 6 Abs. 1 lit. f) zudem die Möglichkeit, die Verwendung eines Bildnisses dadurch zu rechtfertigen, dass berechtigte Interessen des Datenverarbeitenden, hier des Arbeitgebers, wahrgenommen werden – es sei denn, dem stehen überwiegende Interessen des Arbeitnehmers entgegen.
Mit Blick auf die Rechtsprechung des BAG und die Neufassung des § 26 Abs. 2 S. 3 BDSG stellt es jedoch ein Risiko für den Arbeitgeber dar, sich nur auf seine vermeintlich „überwiegenden berechtigten Interessen“ zu verlassen. So lehnte zuletzt beispielsweise das ArbG Lübeck ein Überwiegen der Interessen des Arbeitgebers bzgl. einer Fotoveröffentlichung in einem Arbeitsverhältnis ab.