Erfolgreiche Arbeitgeber handeln heute proaktiv: Anstatt erst bei einer akuten Vakanz Recruiting-Maßnahmen einzuleiten, optimieren sie kontinuierlich ihre „Talent Attraction“: ihre Anziehungskraft auf die Zielgruppe. Aber wie macht man das genau? Ich stelle Euch drei Schritte vor, mit denen Ihr Euer Unternehmen systematisch zum Fachkräftemagneten macht.
1. Employer Branding: Raus aus der Identitätskrise!
Jeder weiß es, aber fast niemand zieht die notwendigen Schlüsse: Trotz allgemeinem Bewusstsein für die Bedeutung von strategischem Employer Branding sind deutsche Arbeitgeberversprechen auch 2020 immer noch allzu oft windelweich. Die durchschnittliche HR-Kommunikation liefert auf Karriere-Websites und in Stellenanzeigen zwar reichlich Feel-Good-Botschaften, aber nur wenig Substanz. Und so können sich Kandidaten heute zwischen hunderten Unternehmen entscheiden, die mit einem „guten Miteinander“ und einer „vielfältigen Mitarbeiterstruktur“ werben – dabei aber den Kandidatendurst nach konkreten Informationen partout nicht stillen.
Versteht mich nicht falsch: Arbeitgeber-Softskills sind im Employer Branding wichtig. Aber sie können ihre Wirkung nur dann entfalten, wenn sie von unternehmensspezifischen Hard Facts untermauert werden. Welche Ziele verfolgt Ihr mit Eurem Business? Welche Werte könnt Ihr daraus für Eure Unternehmenskultur ableiten? Und was bedeutet das ganz konkret für das menschliche Miteinander Eurem Unternehmen?
Mein Tipp: Bettet Eure EVP in Eure Corporate Story ein. Euer Arbeitgeberversprechen wird dadurch glaubwürdiger, einzigartiger, attraktiver – und zum Anziehungspunkt für genau die Kandidaten, die am besten zu Euch passen.
2. HR-Marketing: Mit Methode zur Markenbekanntheit
Obwohl man Kandidaten heute auf vielfältige Weisen erreichen kann, arbeiten Recruiter häufig nach wie vor nach dem Schema F: Sie schalten Stellenanzeigen in klassischen Jobbörsen.
Das ist fatal, weil die breite Gruppe der passiven Kandidaten von Euren Kampagnen auf diese Weise überhaupt nichts mitbekommt. Und das ist vollkommen unnötig, weil die kreativen Möglichkeiten im modernen Personalmarketing so viel größer sind: Sie reichen vom selbstgedrehten Handyclip, der binnen weniger Stunden viral geht, bis zur intermedialen Kampagne, die den gesamten öffentlichen Raum zum Spielplatz für Eure Recruiting-Botschaft macht.
Wo es viele Möglichkeiten gibt, können aber auch viele Fehler gemacht werden. Und wer bei den mitunter kostspieligen Mediamaßnahmen von Anfang an aufs falsche Pferd setzt, dessen Budget ist aufgebraucht, bevor die Kampagne auch nur einen einzigen Bewerber generiert hat.
Um Eure Botschaften auf die Straße zu bringen, ist deshalb Methode gefragt – kein Bauchgefühl. Dabei stehen drei einfache Fragen im Mittelpunkt: Was ist Euer genauer Recruiting-Bedarf? Wer ist die Zielgruppe Eurer Kampagne? Und wie könnt Ihr diese Zielgruppe am besten erreichen? Bevor Ihr Geld in konkrete Maßnahmen steckt, entwickelt deshalb zunächst nach Möglichkeit eine Candidate Persona. Von ihr könnt Ihr ableiten, mit welchen Methoden Ihr die richtigen Menschen zum richtigen Zeitpunkt erreicht: um mit einzigartigen Arbeitgeber-Botschaften die gewünschte Pull-Wirkung zu erzielen.
3. Bewerbungsprozesse: Candidate Journeys individualisieren
Mit den passenden Botschaften und Marketingmaterialien habt Ihr aktiven und passiven Kandidaten die Richtung gezeigt – jetzt müsst Ihr es ihnen so leicht wie möglich machen, das letzte Stück des Weges in Euer Unternehmen zu finden. Und das ist oft gar nicht so leicht: Veraltete Karriere-Websites, aufwändige Bewerbungsformulare und mehrdeutige Informationen machen Bewerbern das Leben schwer.
Hinzu kommt: Viele HR-Abteilungen optimieren ihre Recruiting-Prozesse für eine allgemeine Candidate Journey, ohne auf die individuellen Bedürfnisse verschiedener Bewerberzielgruppen und -typen Rücksicht zu nehmen. Das ist angesichts der vielfältigen Wege, über die Kandidaten heute in unsere Arbeitgeber-Sphären gelangen, problematisch: Denn ein Interessent, der über einen Instagram-Post zum Besucher Eurer Karriere-Website geworden ist, hat andere Informationsbedürfnisse als ein Kandidat, der zuvor ein konkretes Jobangebot in einer Stellenbörse gelesen hat. Zudem können wir vom Social-Media-Nutzer nicht erwarten, dass er sich bereits beim ersten Besuch Eurer Website formal bei Euch bewerben möchte; Euer Minimal-Ziel sollte daher sein, dass er zum Ende seiner Candidate Journey zumindest seine E-Mail-Adresse hinterlässt und für Euch zum „Lead“ wird.
Unternehmen mit einem guten Gespür für Arbeitgeberattraktivität tragen diesen unterschiedlichen Zielgruppen und ihren Ansprüchen schon heute Rechnung: indem sie eine dynamische Infrastruktur für Candidate Journeys entwickeln, die sich dem Verhalten verschiedener Nutzerprofile anpassen. Talent Attraction wird damit auch zu einer Frage von Usability und Prozessen: Denn die Attraktivitätspotenziale von authentischem Employer Branding und cleveren HR-Kampagnen können am Ende nur produktiv werden, wenn die Bewerber-Conversion so reibungsarm wie möglich gelingt!
Talent Attraction „to go“: Das Wichtigste in drei Sätzen
Ich fasse meinen Weg zu mehr Arbeitgeberattraktivität zum Abschluss noch einmal zusammen:
- Entwickelt Botschaften, die Eure Arbeitgeberpersönlichkeit plausibel und plastisch kommunizieren.
- Entwickelt im Zweifel eine Candidate Persona, damit Eure Kampagnen auch wirklich bei den richtigen Zielgruppen ankommen.
- Macht es interessierten Kandidaten durch individuell zugeschnittene Candidate Journeys so leicht wie möglich, Teil Eures Unternehmens zu werden.