Alle modernen Unternehmen wollen es, nur wenige nehmen dafür richtig viel Geld in die Hand. Einige leben es übergreifend, andere sehen es als Aushängeschild der Geschäftsführung und bei manchen hat es im Budget keinen Stellenwert. Die Rede ist vom Employer Branding.
Employer Branding ist mehr als “die Schokoladenseite” des Unternehmens zu präsentieren. Es ist zwar als Marketing-Instrument zu verstehen, aber wenn es nur in der Marketing-Abteilung aufgehängt ist, kann es kaum Wirkung entfalten. Marketing ist darauf getrimmt, das Beste am Unternehmen herauszustellen und bestmöglich ansprechend zu gestalten. Aber im Employer Branding geht diese Rechnung nicht auf. Wer heute glatt gebügelte Werbefilme für das Unternehmen produziert, erreicht potenzielle Kandidaten längst nicht mehr. Diese sind schließlich auch in der Lage zu googlen. Und meist ergibt sich dann ein ganz anderes Bild für den Bewerber.
Was bringt also die aufpolierte Werbeversion, wenn Kununu, Glassdoor und Co. eine ganz andere Sprache sprechen? Von wegen gute Arbeitsatmosphäre und Kommunikation auf Augenhöhe! Was der Bewerber vor Ort erlebt, ist kein Werbefilm, sondern die Realität. Dreckiger Fußboden, kein “Hallo”, niemand der einen begrüßt oder auf einen wartet. Klar, das ist die worst-case-Situation. Aber selbst, wenn der Eingang genauso aussieht wie im Imagefilm, wird der erste Eindruck nicht zuletzt durch die Personen im Unternehmen geprägt. Und in den meisten Fällen ist der erste Kontakt für den Kandidaten ein Mitarbeiter aus HR.
Mitarbeiter sind das ehrlichste Employer Branding und die besten Recruiter.
Im Employer Branding gilt zu oft der Blick nach außen als Gradmesser. Was macht die Konkurrenz? Welche Ideen kann man auf dem umkämpften Bewerbermarkt platzieren? Dabei werden die eigenen Mitarbeiter gerne vergessen. Sie sind aber die DNA des Unternehmens und das tatsächliche und „ungeschönte“ Employer Branding. Wie und was sie über das eigene Unternehmen erzählen, wenn sie in einer privaten Situation sind – das ist das eigentliche Employer-Branding-Gold für das Unternehmen. Mitarbeiter-Empfehlungen und Kandidaten, die aufgrund positiven Hörensagens anklopfen sind das Beste, was einem Unternehmen passieren kann. Die Schwelle, den Bewerber für sich zu begeistern und einzustellen, ist ungleich niedriger, als bei einer „Kaltakquise“. Gerade Mitarbeiter-Empfehlungsprogramme schaffen einen wichtigen Anreiz, für das eigene Unternehmen zu werben. Viele Unternehmen trauen sich immer noch nicht, ein entsprechendes System einzuführen aus Angst, dass es die „falschen Bewerber“ anlockt. Aber diese Angst ist unbegründet: Ein Mitarbeiter, der potenziell unzufrieden ist, wird dem Unternehmen sicherlich keine Unterstützung in der Rekrutierung anbieten. Und er wird ohnehin nicht in besonders hohen Tönen von seinem Unternehmen erzählen. Aber gerade für die engagierten Mitarbeiter bieten Empfehlungsprogramme einen wichtigen Anreiz,
Rockstar vs. Langweiler: Employer Branding beginnt bei der Stellenausschreibung.
Der erste Eindruck, den ein Bewerber vom Unternehmen bekommt, beginnt weit vor dem persönliche Kennenlernen. Er formt sich bereits bei Betrachtung der Stellenausschreibung. Ist die Anzeige verständlich und inhaltlich sinnvoll geschrieben? Hier liegt der Teufel oft im Detail. Auf keinen Fall sollte man sich durch Buzzwords interessant machen! Agile, Digital, Evangelist…oft passen die Titel nicht mit dem Inhalt zusammen. Im schlimmsten Fall widersprechen sie sich. Wird beispielsweise ein agiler Projektmanager gesucht, der sich darauf verstehen soll, detaillierte Jahrespläne aufzustellen, wird man ganz sicher wenig Erfolg mit der Ausschreibung haben.
Das Unternehmen auch in der Stellenausschreibung nahbar zu machen, ist die Kür des Recruitings mit Employer-Branding-Ansatz. Wer nur lustlos Anforderungen in seiner Anzeige herunter rattert, wird niemanden emotional ansprechen können. In einem Bewerbungsmarkt, der für den Bewerber immer undurchsichtiger wird, wird die emotionale Ansprache immer wichtiger. Ob man das durch besonders ausgeflippte Stellenanzeigen erreichen kann, sollte man nochmal genau durchdenken. Die meisten Jobsuchmaschinen funktionieren nach dem Prinzip, dass auf der Ergebnisseite das ausgespuckt wird, was vorne eingegeben wird. Wenn also der Jobsuchende “HR Manager” eingibt, wird er wahrscheinlich nicht den “People & Culture Rockstar” finden.
Copypaste vs. personalisierte Ansprache: Employer Branding durch Empathie.
Heutzutage ist es schon fast eine Kunst, eine sehr gut performende Stellenanzeige zu kreieren. Daher greifen die meisten Unternehmen auf die Direktansprache der Kandidaten in beruflichen Netzwerken wie LinkedIn oder Xing zurück.
Auch hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Gerade Bewerber in gefragten Positionen reagieren gar nicht mehr auf Nachrichten oder wenn, dann nur sehr selektiv. Mit einem generischen Anschreiben lockt man keinen Kandidaten mehr aus seinem aktuellen Job heraus. Insbesondere nicht, wenn man als eher unbekannte Firma auftritt. In der Direktansprache kann man aber durch Geschick und Empathie selbst schwierig zu erreichende Kandidaten für sich interessieren. Das klappt aber nur, indem man sich zuvor intensiv mit dem Werdegang des Bewerbers auseinandergesetzt hat und entsprechend darauf eingehen kann. Interessante Bewerber “an den Haken” zu bekommen und Kontakt zu Kandidaten über weite Strecken zu halten, ist eine Kunst für sich. Daher ist es wichtig, die Recruiting-Position mit Mitarbeitern zu besetzen, die Kommunikativ sehr stark sind. Sie sind ab dem Moment, in dem sie den Bewerber ansprechen, das personifizierte Employer Branding.
Netzwerkpflege vs. Werbung: Employer Branding neu gedacht
Ein aus ehrlichem Interesse aufgebautes Netzwerk ist das beste Employer Branding, das sich ein Unternehmen zulegen kann. Personaler und Geschäftsführer, die sich heute kein Netzwerk aufbauen, werden im Arbeitsmarkt von morgen obsolet sein. Unternehmensnews mit eigenem Kommentar teilen, mit dem eigenen Netzwerk über die verschiedensten Kanäle kommunizieren – das ist nichts, was man als Geschäftsführer oder Personaler der Kommunikations- oder PR-Abteilung überlassen sollte. Gerade bei Vorständen und Geschäftsführern wird es in Zukunft darauf ankommen, wie zugänglich sie wirklich sind. Hierarchien werden immer weiter aufgebrochen und aufgeweicht. Wer sich dann nicht als „People’s Person“ positionieren kann, wird einen Nachteil haben.
Gerade KMU haben sehr viel davon, wenn sie engagierte und gut vernetzte Personaler und Mitarbeiter haben. So wird der Name des Unternehmens ganz automatisch positiv nach außen getragen. Dafür müssen auch und gerade bei HR zeiten eingeräumt werden. Professionelle Recruiter trinken mehr Kaffee in der Woche mit verschiedenen Kandidaten, als der durchschnittliche Mitarbeiter im Büro. Das ist aber echte und wertschätzende Beziehungspflege, die unbezahlbar ist. Dies ist mit keinem Werbebudget der Welt zu bezahlen.
Absagen-Killer vs. „Lass uns Freunde bleiben“: Gutes Benehmen entscheidet über das Employer Branding.
Ziel jeder Ausschreibungs- und Bewerbungsaktivität ist natürlich das positive Ergebnis der Bemühungen: Die Einstellung ins Unternehmen. Was aber, wenn es nicht klappt mit dem Vertrag? Welche Auswirkungen ergeben sich auf das Employer Branding?
Im deutschen Arbeitsrecht gibt es viele Fallstricke. Ja, ein allzu eindringlich formulierter Absagegrund kann zu einer Klage führen. Deshalb greifen die meisten Unternehmen auf generische Absageschreiben zurück. Und natürlich spielen auch Zeitgründe eine Rolle.
Die persönliche Betreuung des Bewerbers kostet Zeit. Und wenn er nicht mehr geeignet erscheint, wird er nicht selten einfach fallen gelassen. Ohne erkennbaren Grund wird zunächst die Kommunikation eingestellt. Wenn der Kandidat „Glück“ hat, findet er noch eine Absagemail in seinem Postkasten. Nicht selten wird er aber komplett vergessen.
Ein Bewerber, dem auf persönliche Art (beispielsweise am Telefon) und mit Wertschätzung abgesagt wurde, kann zum Ambassador des Employer Branding werden. Denn wer gut behandelt wurde im Bewerbungsprozess, der wird auch einen Absagegrund verstehen, dennoch die Vernetzung halten und positiv vom Prozess berichten. Auch in den offiziellen Bewertungsportalen.
Andersherum funktioniert es übrigens auch: Sagt der Bewerber ein Angebot ab, zahlt es sich aus, als Unternehmen fair und freundlich zu bleiben – egal, wie weh es einem als Personalentscheider in diesem Moment tut.
Employer Branding ist keine Modeerscheinung des Marketing, sondern eine umfassende Strategie der Unternehmens-Positionierung, die maßgeblich von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Unternehmen mitgetragen werden muss. An erster Stelle sind das natürlich Geschäftsführung, Unternehmenskommunikation und HR. Aber eben nur an erster „offizieller“ Stelle. Insgeheim sind die eigenen Mitarbeiter die tatsächlichen Stars des Employer Brandings und das zeigt sich nicht zuletzt im Bereich der Rekrutierung. Die eigene Unternehmens-DNA über seine Mitarbeiter (gerade auch durch HR) nach außen zu transportieren – das ist kein Hexenwerk. Aber ohne Vorbilder und entsprechende Prozesse wird es nicht nachhaltig funktionieren.